„Für die Demokratie“ am 03.02.2024

Jo, das war groß. Über 800 Menschen sind dem Aufruf zur Demo am 03.02.2024 gefolgt und haben sich auf dem Westernhagenplatz versammelt. Es gab zahlreiche Redebeiträge, mit denen auch eine gute Breite in den Perspektiven abgebildet werden konnte. Kultur, Kirche, Politik, Initiativen und überraschend sogar Ministerpräsident Bodo Ramelow kamen zu Wort. Und im Kern waren sich alle Redner einig, dass man die unterschiedlichen Standpunkte aushalten, miteinander diskutieren kann und muss – solange man Grundsätze wie Menschenwürde und Demokratie nicht in Frage stellt. Und das man das auch aushält, konnte auf der Zwischenkundgebung am Kreisverkehr bewiesen werden, wo eben auch die etablierte Politik, die Landes- und Bundesregierung durchaus deutlich kritisiert wurden.

Es tat gut, zu sehen und zu erleben, wie viele Menschen auch bei uns besorgt sind über die politische Entwicklung im Land, über den Rechtsruck, den Aufstieg der AfD und die Gefahren, die dies für uns alle bedeutet. Schön auch zu sehen, dass wirklich ein breiter Querschnitt der Stadtbevölkerung auf den Straßen war. Hoffentlich gibt diese Demo vielen Menschen Kraft, sich in Zukunft stärker zu positionieren, sich einzumischen, zu widersprechen, sich zu engagieren. Wir stehen am Anfang und Demokratie ist ein Prozess, der niemals endet und vom Mitmachen lebt.

Ein wenig schade ist, dass ein Ronny aus Zwickau – dank eines wirren Typen mit Kamera aus der Gegend um Borna – mit seinem unsäglichen Auspruch, dass wir alle nach Buchenwald gehörten, Teile der Berichterstattung prägte. Aber anderes ist wohl nicht zu erwarten, wenn ein Neonazi eine Kundgebung gegen die Demokratie anmeldet und dazu Nazis aus Pössneck, Ronneburg, Schleiz, Auma, Saalfeld, Eisenberg, Zwickau, Gera, Pausa, Wünschendorf, Weimar usw. anreisen. Tiefstbraun. Bisschen lustig wars schon, als man dort vom erbärmlichen Haufen, der vorbei zöge, schwadronierte und das dann auf 5 Minuten ausdehnen musste, weil die Demokratie-Demo so lang, die Zahl der Demonstranten so groß war und die Demo einfach nicht enden wollte.

Unterdessen ist alles, was der lokalen AfD dazu einfällt, ein Foto vom Greizer Park aus dem Jahr 2020. Auch irgendwie drollig. Man braucht wohl ein bisschen, um die erschütterte Parallelwelt wieder zu stabilisieren.

Es war beeindruckend, die Thomasstraße komplett mit Menschen gefüllt zu sehen, oder die Schlossbrücke, wo für viele weder Anfang noch Ende der Demo zu sehen war. Und das alles organisiert und beworben innerhalb weniger Tage. Daher nochmal ein dickes Danke an alle, die mitgewirkt, sich eingebracht, organisiert und teilgenommen haben

Auch der Artikel der OTZ dazu sei empfohlen: https://www.otz.de/regionen/greiz/article241570586/Demo-gegen-Rechts-in-Greiz-Wir-lassen-uns-die-Demokratie-nicht-nehmen.html

Mit einer Demo soll und wird das ganze natürlich nicht enden. Die Frage, wie und in welcher Form es jetzt weitergeht, ist zwar noch nicht abschließend beantwortet, aber das findet sich.

Für mich war’s jedenfalls auch persönlich krass, ich glaube, ich habe noch nie vor so vielen Leuten gesprochen. Meinen bewusst eher kurzen Redebeitrag, bzw. die Notizen dazu, gibt’s hier:

Es tut gut, zu sehen,, dass heute so viele Menschen hier sind.

Wir sind heute hier, um uns den vielen Millionen Menschen anzuschließen, die im ganzen Land auf die Straße gehen. 

Wir sind heute hier, um klar zu sagen: Wir lassen uns die Demokratie nicht nehmen!

Denn diese Demokratie wird in Frage gestellt. Sie wird angegriffen. Ja, ihr habt es sicher alle gehört, die Correctiv Recherchen brachten es noch einmal deutlich ans Licht – für viele von uns war es auch seit Jahren klar: Die AfD arbeitet gegen das Grundgesetz - Für die AfD gibt es Menschen zweiter Klasse!

Deportationen von Millionen unserer Mitbürger. Unserer Nachbarn, unserer Freunde, unserer Kollegen. Jung und Alt, Kinder, Frauen, Männer – sie alle sollen weg - begründet mit rassistischen Stereotypen.

Und: Höcke spricht davon „dass man wohl diejenigen Volksteile verlieren werde, die nicht Willens oder in der Lage sind, mitzumachen“.
Es geht eben nicht nur um Migration. Es geht um uns alle.
"Nicht willens mitzumachen" – das meint den politische Gegner. Menschen, die das rassistische Weltbild dieser Partei nicht teilen. Oder Journalisten, die kritisch berichten, Menschen, deren Sexualität nicht ins rechte Weltbild passt - so viele werden heute schon angegriffen und zum Feind erklärt. Menschen, die Geflüchteten geholfen haben  - sie alle sind genauso mit gemeint.

Die Parteiendemokratie soll abgeschafft und durch ein autoritäres System ersetzt werden. Die Wortführer und Funktionäre dieser Partei hetzen, lügen und spalten - sie schüren Ängste. Sie diskreditieren die Demokratie und streben ein autoritäres System an, in dem kein Platz mehr ist für Solidarität, Menschlichkeit und Mitbestimmung.

Und wir sind heute hier, um deutlich zu machen: NICHT MIT UNS!

Wir stehen ein für Solidarität und Respekt statt Hass und Hetze. Wir kämpfen für Gerechtigkeit und Toleranz statt Spaltung. Wir stehen auf für eine Gesellschaft, die niemanden zurücklässt, für Menschenwürde, für Selbstbestimmung, für Humanität.

Nie wieder ist jetzt!
Und dazu möchte ich noch deutlich sagen – wir stehen hier nicht nur gegen Rassismus und die autoritären Vorstellungen der Rechten. Sondern auch gegen jeden Antisemitismus.

Man kann sich nicht den Ausspruch, ja das Versprechen „NIE WIEDER“ nicht zu eigen machen ohne an das ungeheuerlichste Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern - die Shoa. Den Holocaust. Die wenigen noch verbliebenen Überlebenden mahnen uns – und sie sehen die Parallelen. Sie sagen: So fing es an!
Und wir sollten auf sie hören. Nie wieder ist jetzt darf keine bloße Phrase sein. Deswegen gilt: Gegen jeden Antisemitismus – egal ob von Rechts, von Islamisten oder auch vermeintlich Linken.

Viele der Verschwörungsideen - von den Erzählungen von "denen da oben" - egal ob von AfD oder der wirren Trommelgruppe, die uns jeden Samstag auf den Sack geht - haben am Ende einen antisemitischen Kern.
Und da müssen wir auch endlich handeln – Gemeinsam.

Ja, wir haben zum Teil unterschiedliche Vorstellungen, unterschiedliche politische Standpunkte, zum Teil auch unterschiedliche Protestformen – aber das sollte uns nicht daran hindern uns auf einen gemeinsamen Standpunkt zu einigen.
Die Demokratie – mit allen Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten – ist uns allen lieber als jedes Königreich, jedes autoritäre System.

Und es muss endlich aufhören, dass die Rechten ständig den Diskurs diktieren.

Wir können streiten, über Probleme, über Lösungen – klar.

Aber immer auch zum Schutz unserer Demokratie. Zum Schutz der Menschenrechte.
Wir sollten und wir werden unsere Unterschiede aushalten.
Vielleicht gibt es heute ein paar Parolen, die nicht jedem gefallen, vielleicht spielen wir auch mal ein Lied, das nicht für jeden was ist – aber das sind Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was auf dem Spiel steht.

Wir – stehen heute und in Zukunft alle zusammen und sagen:
Wir lassen uns die Demokratie nicht nehmen!

Zweiter Teil:

Was also tun?

Protestieren! Den rechten den öffentlichen Raum nicht überlassen!
Uns vernetzen, treffen, diskutieren.
Vielleicht hat jeder von euch hier jemanden getroffen, den oder die man nicht erwartet hat. Auch da tut es gut einfach mal zu sagen: Schön, dass du auch hier bist.
Man kann Organisationen und Vereine unterstützen, die sich einsetzen. Zu den Veranstaltungen gehen. Petitionen unterstützen. Spenden.

Auch mal Briefe schreiben – persönliche Briefe - an unsere Abgeordneten im Landtag, im Bundestag auch in den Kommunen.
Man kann und sollte mitteilen, dass wir uns Sorgen machen, dass wir nicht wollen, dass man ständig den rechten Narrativen hinterher rennt. Das wir es nicht richtig finden, mit Rechtsextremen zusammen zu arbeiten.

Auch dem MDR kann man z.B. mal schreiben – "Hey, ich mag zar Riverboat, aber ein Sommer-Interview mit einem Faschisten, das muss nun wirklich nicht sein!"
Auch mal positives Kundtun – Menschen bestärken, die sich einsetzen. Einfach mal Danke sagen.

Und ja : Auch mal in die schwierigen Diskussionen gehen – im eigenen Umfeld, Familie, Bekannte, Kollegen. Man muss das nicht immer alles zu Ende diskutieren, aber wenigstens mal den eigenen Standpunkt klar machen.
Einfach mal sagen: Nein, das seh ich nicht so. Nein, das finde ich falsch.
Widersprechen – wenn rassistische Sprüche kommen oder von Verschwörungen schwadroniert wird.
Wir sind oft zu leise - endlich hörbar sein! Es gibt so viele Wege.
Tut das bitte.. Danke.

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