Nun  traut sich endlich mal ein Journalist, Herrn Höcke dezidiert nach  seinen Äußerungen in seinem Buch zu fragen, da bricht dieser das  Interview ab – weil ihn das emotional belastet? Seine eigenen Aussagen?  Oder weil der Kern dessen, was Höcke zu sagen hat, wohl doch noch (!)  nicht zum Wahlsieg taugt?
 Es wird ja über die NS-Zeit gesagt, man hätte nicht wissen können,  was da komme. Der historisch Informierte weiß jedoch, dass in „Mein  Kampf“ schon in den Zwanzigern durch Adolf Hitler erläutert wurde, wohin  der Weg führen würde, wenn er an die Macht käme.
 2018  veröffentlichte nun Höcke, Gründer des sogenannten Flügels der AfD,  seine Kampfschrift mit dem Titel „Nie zweimal in den selben Fluss“. Auch  in diesem Machwerk kann man sehr schön ablesen, in welche Richtung der  Weg nach den Wünschen dieses Herren gehen soll – der ja vor allem auf  den Flügeltreffen einen regelrechten Führerkult um seine Person  inszeniert.
 Bei der Lektüre des Gesprächsbuches stößt man auf  Formulierungen, die zu denken geben sollten. Höcke geht darin (auf den  Seiten 253 ff.) der Frage nach, was er und seine Leute denn machen  sollen, wenn sogenannte neoliberalistische Multikultikräfte – die  angeblichen Freunde des „Volkstods“, wie Höcke schreibt – „gewinnen“  sollten – was immer das heißt. Als „strategische Option“ schlägt er für  diesen Fall die Errichtung „gallischer Dörfer“ des nationalen  Widerstands vor. Das solle vor allem im Osten Deutschlands stattfinden,  weil dort „noch großes Potential vorhanden“ sei, um „das inhumane  Projekt einer Migrationsgesellschaft zu stoppen“.
 Wie es vom  gallischen Dorf in den Thüringer Bergen aus weitergehen soll, beschreibt  Höcke so: Die „Auffangstellung“ könne dann zur „neuen Keimzelle des  Volkes werden“ – „und eines Tages kann diese Auffangstellung eine  Ausfallstellung werden, von der eine Rückeroberung ihren Ausgang nimmt“.
  Von seinem Stichwortgeber Sebastian Hennig befragt, erläutert Höcke,  wie er sich die Zukunft nach dem als siegreich gedachten „Ausfall“  seiner getreuen AfD-Mannen denkt: „In der erhofften Wendephase stünden  uns harte Zeiten bevor, denn umso länger der Patient die drängende  Operation verweigert, desto härter werden zwangsläufig die  erforderlichen Schnitte werden.“ Darauf wirft Hennig ein, „,brandige  Glieder können nicht mit Lavendelwasser kuriert werden‘, wusste schon  Hegel“, und Höcke fährt fort: „Eine neue politische Führung wird dann  schwere moralische Spannungen auszuhalten haben (…), die ihrem  eigentlichen moralischen Empfinden zuwiderlaufen.“
 Was der Vordenker  des militanten Rechtsradikalismus darunter versteht, umschreibt er mit  folgenden Stichworten: „Großangelegtes Remigrationsprojekt“,  „wohltemperierte Grausamkeit“, „menschliche Härten und unschöne Szenen  werden sich nicht immer vermeiden lassen“, „existenzbedrohende Krisen  erfordern außergewöhnliches Handeln“.
 Der mit Höcke sympathisierende  Gesprächspartner Hennig stellt ihm an anderer Stelle eine von ihm ganz  und gar nicht kritisch gemeinte Frage. Ob Höcke denn „eine Lanze für den  (italienischen – Verf.) Faschismus brechen“ wolle? (141) Höcke  antwortet: „Wir haben Preußen als positives Leitbild.“ (142) Hennig hakt  nach: „Man kann den Faschismus ja auch als den Versuch einer  ‚Preußifizierung‘ Italiens verstehen.“ (142) Der Geschichtslehrer Höcke  findet das einen „interessanten Gedanken“ (142) und fügt hinzu: „Das  ‚unbequeme Leben‘, das Mussolini seinen Landsleuten abforderte, erinnert  zumindest ein bisschen an die kratzige, aber wärmende preußische Jacke,  von der Bismarck sprach“. (142) Höcke weiß vom italienischen Faschismus  nur Gutes zu berichten („gute Straßen und pünktliche Züge“) (142).
  Auffallend ist, dass Höcke aber beredt schweigt – zur  Einparteiendiktatur, zum Verbot anderer Parteien und der Gewerkschaften,  zur Verfolgung aller, die oppositionelle Aktivitäten oder abweichende  Meinungen zeigen, zu den italienischen Eroberungskriegen in Afrika, zur  Entrechtung der Juden und ihrer Deportation in deutsche KZs. Es ist  schon ein Zynismus sondergleichen, angesichts der Opfer des  italienischen Faschismus vom „unbequemen Leben“ zu sprechen und von  einer „ein bisschen kratzigen, aber wärmenden preußischen Jacke“  (Höcke).
 Höcke sieht unsere freiheitlich-demokratische  Grundordnung als ein System, das es zu ersetzen gilt.“Der Parteiengeist  muss überwunden, die innere Einheit hergestellt werden“ (S. 288), sagt  er. Schluss mit dem „westlich-dekadenten Liberalismus und der  ausufernden Parteienherrschaft“! (S. 285) An deren Stelle soll „eine  fordernde und fördernde politische Elite, die unsere Volksgeister wieder  weckt“, treten. (S. 286)
 Auf welche Art und Weise diese „politische  Elite“ dann agieren soll, wird auch schnell klar: Mit starkem Besen  sollen die „feste Hand“ (S. 231) und der „Zuchtmeister“ (S. 286) den  Saustall ausmisten. Und das ist sicherlich nicht durch Diskussionen,  Abstimmungen und auf demokratischem Wege zu bewerkstelligen, denn  „’brandige Glieder können nicht mit Lavendelwasser kuriert werden“ (S.  254) Höcke stellt zur von ihm angestrebten Umwälzung fest, dass „wir  leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht  willens sind“ mitzumachen. (S. 257)
 Die Wahl der Mittel wird zwar  nicht klar genannt – auch die Nazis der NS-Zeit sprachen ja auch eher  von „Sonderbehandlung“ -, aber bei „die deutsche Unbedingtheit wird der  Garant dafür sein, dass wir die Sache gründlich und grundsätzlich  anpacken werden. Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir  Deutschen keine halben Sachen“ (S. 257f.), kann man sich sicher sein,  dass die angewandten Methoden keine Grenzen kennen und den historischen  Faschisten vermutlich in nichts nachstehen werden.
 
Zitiert nach: 
Götz Aly, Berliner Zeitung vom 15.01.2019
Mark Brandis,  Facebook, 04.02.2019, 
Meinhard Creydt,  telepolis, ‚Björn Höcke droht  mit „Dunkeldeutschland“‚ vom 12. Oktober 2018 
Bildquellen
- hoecke_plakat: Bildquelle: https://www.testspiel.de/wahlplakat-des-tages-nein-zu-alten-und-neuen-nazis/346528/ // reddit
 
					